Ist der ADFC ein Swingerclub? Warum die Verlautbarungspresse dort offenbar ein und aus geht

Fast ein Jahr brauchte der allgemeine deutsche Fahrradclub in Dresden (ADFC Dresden e.V.) von der Veröffentlichung des sogenannten "Unfallatlas" für das Jahr 2021 durch das statistische Bundesamt bis zu seiner alarmistischen Pressemitteilung am 4. Mai 2023, die er unter "Neuigkeiten" rubriziert.

Dresden ist Spitzenreiter bei Radunfällen mit Schwerverletzten

Kurzversion für Überschriftenleser

Der ADFC Dresden hat nur Daten der letzten drei Jahre ausgewertet, obwohl Daten für sechs Jahre vorliegen. Er hat unerwähnt gelassen, dass in Leipzig doppelt so viele Menschen bei Radverkehrsunfällen verstorben sind wie in Dresden. Nicht berücksichtigt wurde außerdem die Tatsache, dass der Anteil schwerverletzter Radfahrer u.a. darauf zurückgeht, dass diese sich offenbar gegenseitig "über den Haufen fahren: rund 40% der Unfälle mit Schwerverletzen gehen auf Unfälle unter alleiniger Beteiligung von Radfahrern zurück.

Presseberichtverstattung ohne Recherche ist Verlautbarungsjournalismus

Dankbar griff die Dresdner "Qualitätspresse" diese auf und titelte wie folgt:

Spitzenreiter bei Unfallstatistik: Warum Dresden für Radfahrer so gefährlich ist

Dresden ist Spitzenreiter bei schweren Radfahrer-Unfällen

Gut eine Woche vor der Pressemitteilung hatte der ADFC Dresden die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht, die auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Dresdner abzielte. Und natürlich hatte die Dresdner Qualitätspresse auch diese Verlautbarung ohne jegliche eigene Recherche nachgeplappert.

Wie praktisch ist es doch, wenn man - wie der ADFC Dresden - kurz darauf mit "passenden" Fakten aufwarten kann, die bereits fast ein Jahr zuvor mit dem Unfallatlas veröffentlicht wurden, oder?

Auch ich habe mir diese Daten (erneut) angesehen und stelle nicht nur die Rohdaten zur Verfügung, sondern komme auch zu ganz anderen Ergebnissen als der ADFC Dresden.

Dazu habe ich die Daten des Unfallatlas für alle sechs zur Verfügung stehenden Jahre und nicht nur für drei - wie der ADFC Dresden - heruntergeladen.

Sachsen

Anschließend habe ich aufgrund der Gemeindekennziffern die Daten für Sachsen extrahiert.

Auswertung für Sachsen: Unfälle mit Personenschaden 2016 bis 2021

Man sieht in dieser Auswertung u.a. folgendes:

In den Jahren 2016 bis 2021 gab es insgesamt 73.703 Unfälle mit Personenschaden, an 22.917 davon war (mindestens) ein Radfahrer beteiligt, das entspricht 31,09%.

5.976 der Unfälle fanden unter ausschließlicher Beteiligung von Radfahrern statt. Das entspricht einem Anteil von 8,11% an allen Unfällen in den sechs dokumentierten Jahren.

Starb bei 148 Unfällen unter Beteiligung von (u.a.) Radfahrern mindestens ein Mensch, waren es bei Unfällen zwischen PKW und Radfahrern 72 und bei Unfällen unter ausschließlicher Beteiligung von Radfahrern 36. Insgesamt starben in den sechs Jahren 887 Menschen bei Verkehrsunfällen in Sachsen.

Es gibt noch viele weitere interessante Details, auf die ich der Übersichtlichkeit zuliebe hier nicht eingehe.

Dresden

Die Daten für Dresden, Leipzig und Chemnitz habe ich dann aus dem Datensatz für Sachsen extrahiert.

Auswertung für Dresden: Unfälle mit Personenschaden 2016 bis 2021
 

Wie man an der Auswertung für Dresden sehen kann, ist der Anteil der Radfahrer an Unfällen mit Personenschaden (wesentlich) höher als im sachsenweiten Durchschnitt.

Noch wesentlich krasser erscheint mir der knapp doppelt so hohe Anteil an Unfällen unter Radfahrern ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer zu sein:

über sechs Jahre gemittelt sind es 14,71%, in den letzten beiden dokumentierten Jahren waren es sogar 22,35% (2020) bzw. 19,70% (2021).

Knapp die Hälfte aller Unfälle unter Beteiligung von Radfahrern mit Schwerverletzten (173) im Jahr 2021 fand unter ausschließlicher Beteiligung von Radfahrern (84) statt. Das heißt: die größte Gefahr für Radfahrer in Dresden geht inzwischen von ihnen selbst aus.

Fazit

Der ADFC Dresden stellt die Rohdaten seiner Analyse nicht zur Verfügung und hat die Auswertung so (mangelhaft) gestaltet.

So verkommt diese zur Milchmädchenrechnung und führt zu fortgesetztem Alarmismus. So wird Dresden entgegen der Tatsachen zu einer für Radfahrer gefährlichen Stadt erklärt.

Der Geschäftsbereich des grünen Verkehrsbürgermeisters weigert sich seit nunmehr über zwei Jahren einen Stadtratsbeschluss vom 22. April 2021 umzusetzen, laut dem die Unfallorte im Themenstadtplan der Landeshauptstadt dargestellt und die entsprechenden Rohdaten im Open-Data-Portal veröffentlicht werden sollen.

Der Stadtrat nimmt dies ohne (größeres) Murren seit zwei Jahren hin.

Die Dresdner "Qualitätspresse" übt sich in Verlautbarungsjournalismus, statt durch eigene Recherchen und Auswertungen ihrer Aufgabe als "4. Gewalt" gerecht zu werden.

Aufforderung

Schreibt dem Verkehrsbürgermeister und/oder den Stadträten doch mal eine Email und fragt nach, woran die Umsetzung des einstimmig getroffenen Beschlusses seit zwei Jahren scheitert.

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